Gabriele Hennicke

freie Journalistin · Textbüro
· Öffentlichkeitsarbeit & PR

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Die Fürstenmaler

Vom einfachen Bauernkind aus dem Hochschwarzwald zum berühmtesten Fürstenmaler seiner Zeit – das ist die äußerst ungewöhnliche Geschichte von Franz Xaver Winterhalter, der 1805 in Menzenschwand geboren wurde, und  die seines Bruders Hermann, der sein ganzes Leben lang eng mit ihm zusammen arbeitete.

Ein kleines Museum zum 200. Geburtstag

Dass die beiden erfolgreichen Malerbrüder in ihrer Heimatgemeinde und im Schwarzwald gewürdigt werden, ist dem Freundeskreis Winterhalter in Menzenschwand zu verdanken. Dieser hat es sich zur Aufgabe gemacht, an das Lebenswerk der  beiden in Menzenschwand geborenen Malerbrüder Franz Xaver (1805-1873) und Hermann Winterhalter (1808-1891) zu erinnern. Mit dem „Petit Salon Winterhalter in Menzenschwand“ im ehemaligen Rat- und Schulhaus im Menzenschwander Hinterdorf hat der Verein ein kleines, aber feines Museum zu Ehren der Malerbrüder geschaffen. „Den 200. Geburtstag von Franz Xaver Winterhalter feierte die Gemeinde Menzenschwand mit verschiedenen Aktivitäten“, erinnert sich Elisabeth Kaiser, die Vorsitzende des Vereins, „doch dann schliefen diese wieder ein.“ Das wollte der Heimatpflegekreis des Dorfes, der sich „Die wo z`Liecht genn“ nannte, nicht hinnehmen und beschloss, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Man fing an Geld zu sammeln, verkaufte Sisi-Törtchen bei einem Basar. Als im Jahr 2008 3000 Euro zusammen gekommen waren, gründete man einen Verein und verhandelte mit der Gemeinde Menzenschwand um Räumlichkeiten. Die waren im alten Rathaus schnell gefunden. Das alte Rat-und Schulhaus war 1874 von Franz Xaver Winterhalter gebaut und finanziert worden. Die Leute vom Verein renovierten den Raum und statteten ihn im Spät-Biedermeier-Stil mit Möbeln aus. Die 3000 Euro waren schnell ausgegeben. Man fragte die Winterhalter-Nachfahren nach Exponaten und erhielt erste Zeichnungen und Aquarelle. Heute dominiert den Salon ein Druck des wohl berühmtesten Bild Winterhalters: Ein Bild der österreichischen Kaiserin Sisi mit den berühmten Edelweiß-Sternen im Haar.  Es entstand 1865 gemeinsam mit einem Portrait ihres Gemahls, des Kaisers Franz Joseph I. „Das Original in der Wiener Hofburg ist doppelt so groß“, sagt Elisabeth Kaiser, die viele Originalbilder der Malerbrüder in den bekannten Museen der Welt schon besichtigt hat. Zur Eröffnung des Winterhalter-Museums, die am 200. Geburtstag Hermann Winterhalters gefeiert wurde, lud man auch die Nachfahren der Persönlichkeiten ein, zu denen die Malerbrüder guten Kontakt hatten: Es kam unter anderem der Urenkel der österreichischen Kaiserin, Markus Habsburg-Lothringen. Heute hat der Verein 180 Mitglieder in der ganzen Welt und konnte inzwischen mit der Unterstützung zahlreicher Gönner 20 Originale der Malerbrüder kaufen – darunter auch vier Ölgemälde, auf die Elisabeth Kaiser besonders stolz ist.

 

Das Geburtshaus der Winterhalter-Brüder liegt ganz in der Nähe des Museums, die beiden wuchsen zusammen mit sieben weiteren Geschwistern auf. Ein ehemaliger Mönch des Klosters St. Blasien erkannte früh ihr besonderes Zeichentalent. Im Museum beeindruckt eine Bleistiftzeichnung eines menschlichen Schädels des zehnjährigen Franz Xaver.  Der Mönch vermittelte  den Kontakt zum badischen Großherzog Karl Ludwig Friedrich von Baden.

„Ich will in die Welt hinaus"

Dank dessen Stipendium verließ der 13-jährige Franz Xaver sein Heimatdorf und lernte am Herderschen Kunstinstitut in Freiburg den Beruf des Lithographen.

„Ich will in die Welt hinaus, nach Paris, nach Italien, dahin, wo die Künstler sind“, mit diesen Worten habe der junge Lithograph auf das gut dotierte Jobangebot von Bartholomäus Herder geantwortet und dieses ausgeschlagen, so Kaiser. Stattdessen ging es dank  eines weiteren großherzoglichen Stipendiums an die Kunstakademie nach München und von dort nach Karlsruhe, wo er der Markgräfin Sophie, der späteren Großherzogin, Zeichenunterricht gab und zum badischen Hofmaler ernannt wurde. Nach einer Studienreise nach Italien – dort entstandene Zeichnungen sind ebenfalls ausgestellt – siedelte er 1836 nach Paris um, wo ihm schnell der Durchbruch gelang. Sein jüngerer Bruder Hermann hatte inzwischen eine ähnliche Ausbildung genossen und folgte ihm nach Paris. Er blieb jedoch, als der Introvertierte der beiden, sein Leben lang im Schatten des Bruders. Franz Xaver malte die gesamte französische Königsfamilie und wurde dank der Unterstützung von König Louis Philippe und seiner Fähigkeit, den Portraitierten schmeichelnde Abbilder zu malen, der beliebteste Portraitmaler am französischen Hof. „Winterhalter wurde von einem Königshof zum anderen weiter empfohlen, 1841 bat ihn Königin Victoria auf die Insel nach Großbritannien. Sie war begeistert von seinen Bildern und nannte ihn ’Winterchen‘, weiß Elisabeth Kaiser, die auch die Führungen im Petit Salon macht. Über 15 Jahre habe der beliebte Maler jedes Jahr für mehrere Monate lang am britischen Hof gelebt und die gesamte Königsfamilie gemalt. 121 Ölgemälde und etwa 300 Aquarelle seien dabei entstanden. Das britische Königshaus verfüge damit über die größte Privatsammlung von  Winterhalter-Gemälden. „2010 durften wir auf Einladung von Prinz Charles bei einem Besuch im Buckingham-Palast die Bilder ansehen, die dort hängen“, freut sich Elisabeth Kaiser. Auch an die königlichen und kaiserlichen Höfe in Portugal, Belgien, Spanien und Russland wurden die Winterhalter-Brüder gebeten.

Eine Stiftung für die Heimatgemeinde

Ihre Menzenschwander Heimat vergaßen die Brüder nicht, sie waren regelmäßig im Schwarzwald zu Gast. „Als die Buben das Dorf verließen, musste die Familie Hohn und Spott ertragen, dennoch unterstützen die Eltern die Buben immer“, weiß Kaiser aus vielen Briefen, „später gab es viel Neid, als bekannt wurde, dass sich die Brüder mit der Malerei dumm und dusselig verdient hatten.“ Sie hinterließen ein Vermögen von zweieinhalb Millionen Gulden, was heute zwischen 30 bis 40 Millionen Euro ausmachen würde, gründeten eine Stiftung zur Unterstützung der Jugend und des Handwerkes, die hilfsbedürftigen jungen Menschen Zeichen-, Französisch- und Klavierunterricht finanzierte. Viel Geld sei schon zu Lebzeiten in die Gemeinde zum Bau von Brücken, Wegen und Gebäuden geflossen, weiß die Vorsitzende. Das Erbe ging an die Geschwister und Nichten und Neffen und trug dazu bei, dass das  Hotel Adler in Menzenschwand und Fabriken in Neustadt entstehen konnten.

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